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Wächter der Nacht

Rezension von Rang -1: Verlorene Seele  Nimue

Autor:
Sergej Lukianenko
1130574359
Jahr:
2005
Originaltitel:
Nochnoi Dozor
Muss ich haben:
Die Mordor-Bewertung (2 Stimmen):
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Review:

Die Welt in „Wächter der Nacht“ ist nicht der Ort, den wir Menschen zu kennen glauben. Neben der normalen existiert eine Art magische Paralell-Welt, das "Zwielicht". Normale Menschen können sie nicht wahrnehmen, geschweige denn betreten. Das können nur die "Anderen", magisch begabte Menschen, wie es sie seit Jahrtausenden gibt. Doch die "Anderen" haben sich in zwei Lager geteilt: Die Lichten und die Dunklen. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Einstellung zu den Menschen: die Dunklen benutzen sie für ihre Zwecke, während die Lichten sie führen und zu "besseren" Menschen machen wollen - für eine bessere Welt natürlich.

Zwischen den Dunklen und den Lichten gibt es einen Vertrag, der beide Seiten im Gleichgewicht halten soll. Vereinfacht gesagt, steht den Lichten für jede dunkle Tat eine lichte zu - und umgekehrt. Mit Duldung der Lichten werden Vampiren Menschen als Opfer zugelost. Die Regeln sind alles andere als einfach und jede Seite hat Wächter, die den anderen auf die Finger schaut. Die Nachtwache und die Tagwache.

So abstrus das auch klingt, doch die Gefolgsleute des Lichts arbeiten nachts, wenn die Dunklen aktiv werden. Tagsüber bringen die Dunklen dagegen kaum was zustande. Vampire, Tiermenschen. Die dunklen Magier müssen am Tage das Leben ganz normaler Menschen führen.
Die meisten zunmindest.


Der erste Band dieser Triologie spielt im heutigen Moskau und erzählt aus der Sicht der Lichten. Anton, mittelmäßiger Magier der Nachtwache, hat seinen ersten Außeneinsatz. Er soll zwei illegale Vampire ausfindig machen. Deren Opfer ist Jegor, ein zwölfjähriger Junge.

Es gab Dinge, vor denen konnte und musste man Angst haben: Schlägertypen, Verrückte, Terroristen, Katastrophen, Feuer, Krieg, tödliche Krankheiten. Das konnte man alles in einen Topf werfen, das war alles gleichermaßen weit weg. Das alles gab es tatsächlich, aber nicht im täglichen Leben. Man brauchte nur ein paar einfache Regeln einhalten, nachts nicht draußen herumzustromern, die Hände vor dem Essen wasschen und nicht auf die Gleise zu springen.
Doch jetzt hatte sich alles geändert.
Es gab Vampire.


Auf der Suche nach Jegor begegnet Anton Sweta, einer jungen Frau, über der ein Fluch von apokalyptischen Ausmaßen kreist.
Nachdem Anton die Vampire aufgespürt hat, überträgt ihm sein Chef gleich den nächsten Auftag: Er soll versuchen, den Fluch über Sweta zu verkleinern. Außerdem soll er Jegor vor einer entkommenen Vampirin beschützen. Als der verängstigte Jegor „vesehentlich“ ins Zwielicht tritt, erkennt Anton ihn als „Anderen“. Als hätte Anton damit nicht genug Probleme, wird ihm eine Zauberin zur Seite gestellt, die in die Gestalt einer Eule gebannt ist....
Das Buch ist in drei Episoden geteilt, die zwar eigenständige, zeitlich getrennte Geschichten erzählen, aber doch unübersehbar zusammenhängen. In der zweiten Geschichte geht es um einen nicht registrierten lichten Magier, der willkürlich Dunkle tötet. Da der Hauptverdacht der Tagwache auf Anton fällt, wird dieser beauftragt, den Wilden zu finden. Wieder spielen Jegor, Sweta und Olga, die mittlerweile erlöste Eule, eine Rolle in diesem Auftrag.
In der dritten Geschichte werden die Stränge aus den ersten beiden zusammengeführt und mit der Vergangenheit durchwoben. Ein uraltes Artefakt wird nach Moskau gebracht, das zum Werkzeug der Lichten werden soll. Anton gerät zwischen die Mühlsteine der Chefs von Tag- und Nachtwache, während er versucht, die Wahrheit zu begreifen...

„Wächter der Nacht“ glänzt nicht nur durch die sorgsam erdachte Welt des Zwielicht. Der Autor erzählt weite Passagen in der „Ich-Version“ des Anton. Um der komplizierten Welt gerecht zu werden, streut er jedoch immer wieder Kapitel ein, die ein imaginärer Erzähler erzählt. Sehr viele Passagen des Buchs bestehen aus langen Dialogen. Was zu Anfang ein guter Kunstgriff ist, um trotz der „Ich-Version“, die Sichtweise von Antons Freunden (und Feinden) darzustellen, liest sich gegen Ende sehr zähflüssig. Ab Geschichte drei wird das Buch recht handlungsarm und der Leser muß sich durch lange Dialoge quälen, die nur wenig neues bringen. Erst kurz vor dem Ende gibt es einen filmreifen Showdown.

Was mich noch mehr beeindruckt hat als die komplexe Welt, sind die spielerisch eingestreuten Weisheiten. Immer wieder bin ich an Stellen hängen geblieben, die ich zwei- dreimal lesen mußte, weil sie mich mit ihrer tiefen Einsicht berührt haben.

Was hatte ich richtig gemacht?
Diese Frage ist viel schrecklicher als die Frage: Was habe ich falsch gemacht? Wenn du einen Fehler machst, mußt du dein Verhalten nur von Grund auf ändern. Wenn du dagegen ins Ziel getroffen hast, ohne zu wissen warum – dann gute Nacht.


Es ist viel russische Seele in diesem Buch – melancholische Schwermut, neben der Fähigkeit, die Dinge so hinzunehmen wie sie nun mal sind (meistens schlecht). Durch die Übersetzung soll viel davon verloren gegangen sein, ersetzt durch moderne, saloppe Ausdrucksweisen. Das kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich bin jedenfalls schon gespannt auf die anderen beiden Bücher:
Wächter des Tags
Wächter der Dämmerung
(beide noch nicht erschienen)

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